Entscheidungen fühlen sich zu zweit besser an

Amelia Suda und Carina Klaffl sind Co-CEO bei Female Founders

Jobsharing erfordert ein bestimmtes Wertesystem

Amelia Suda-Gosch und Carina Klaffl wurden 2022 zur Nachfolge in der Geschäftsführung der beiden Female Founders Gründerinnen Nina Wöss und Lisa-Marie Fassl auserkoren – und es wurde ihnen freigestellt, wie sie die Aufgabe gestalten wollen. Die beiden entschieden sich kurzerhand für eine Co-Leitung und führen das Unternehmen seither gemeinsam im Topsharing. 

Es ist so natürlich zu zweit zu führen. 

Liebe Amelia, liebe Carina, vielen Dank, dass Ihr heute meine Gäste im Role Model Interview seid. Ihr konntet Euch die Art Eurer Zusammenarbeit damals selbst aussuchen? Wie seid Ihr auf das Konzept des Shared Leadership gekommen, und wie habt Ihr Eure gemeinsame Aufgabe vorbereitet? 

Carina: Wir haben zuerst einmal niedergeschrieben, was für uns die Geschäftsführung bedeutet. Dann haben wir Nina und Lisa gefragt, was auf unserer Liste fehlt. 90-95% der Aufgaben waren völlig klar, wer was machen wird. Amelia war davor für das Leadership Programm zuständig – also fiel alles, was mit Leadership und Führung zu tun hat in Amelias Aufgabenbereich. Sie hat den Marketing Hintergrund und somit auch alle Agenden im Bereich Marketing und Kommunikation übernommen. Ich habe durch meine berufliche Historie den Start Up Bezug und infolgedessen den Vertriebsbereich übernommen. Dann gab es noch die klassischen Aufgaben der Geschäftsführung, wie zum Beispiel das Rechtliche, die Finanzen usw. Das haben wir noch gemeinsam besprochen, aber auch das war schnell geklärt. 

Amelia: Ziele, Ziel-Erfüllung und Strategien koordinieren wir unbedingt zusammen. Wir evaluieren, wo es gut und wo es nicht so gut läuft und suchen gemeinsam die Lösungen. Wir sprechen über alles, um auch zu sehen, ob die andere noch Ideen oder Inputs hat. 
Carina: Wir challengen uns gegenseitig und sind uns Sparring Partner. Wir diskutieren auf Augenhöhe. Operative Tätigkeiten, die wir auch in unseren Jobs noch selbst ausführen, und die daran angebundenen Team Themen laufen dann jeweils individuell. 

Nina und Lisa hatten vor Euch die Aufteilung als CEO und COO – also ganz klar getrennte Rollen. Warum habt Ihr das nicht so übernommen, sondern Euch für den Co-Lead entschieden?

Carina: Ich kannte zwar vorher keine Co-Modelle, aber es ist es für mich einfach so natürlich. Ganz allein ein Unternehmen zu führen ist vielleicht sogar ein bisschen angsteinflößend und man sitzt da möglicherweise dem Imposter Syndrom auf. (Anm: engl. Imposter Syndrome, wird auch als Hochstapler-Syndrom bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein psychologisches Phänomen, bei dem Betroffene von massiven Selbstzweifeln geplagt werden.) Männer werden erzogen „confident“ zu sein. Frauen lernen mehr an sich zu zweifeln und hinterfragen sich selbst viel häufiger. 
Amelia: In der Kooperation können wir unsere Perspektiven teilen und spielen unsere Stärken gemeinsam aus. Fehler werden so minimiert. Wir sehen hier nur Vorteile. 

Muss es denn Freundschaft sein?

Muss man als Tandempartner:innen befreundet sein?

Carina: Du bist sicher nicht die bessere Geschäftspartnerin, weil du befreundet bist. Aber es heißt überhaupt nicht, dass du es nicht sein kannst oder sollst. 
Amelia: Es hängt davon ab, was du als Person brauchst. Für mich ist es wichtig, dass ich etwas teilen kann, wenn sich privat etwas Einschneidendes tut. Ich möchte mit Carina Dinge besprechen können, wenn sie mich stark bewegen. Vielleicht beeinflusst etwas Privates ja gerade meine geschäftliche Tätigkeit, dann möchte ich das auch sagen können. 
Carina: Wahrscheinlich kommt zuerst die Geschäftsbeziehung, und wenn es gut funktioniert, kommt dann die freundschaftliche Beziehung hintennach. 

Wie gebt Ihr Euch Feedback? Wie wird Feedback konstruktiv?

Amelia: Wir machen jedes Quartal eine große Feedback Session innerhalb des Teams. Im Management bekommst du aber oft nur sehr wenig Rückmeldung, und es ist schön, wenn jemand auf Augenhöhe auch mal lobend, oder auch sehr klar und ehrlich spricht. Das können wir uns gegenseitig geben.
Carina: Feedback existiert auf zwei Ebenen. Das unstrukturierte Feedback, das ad hoc kommt, was man gerade gut oder nicht so gut findet. Und dann gibt es das strukturierte. Das müssen wir auch miteinander machen. Wir haben in unserem Team eine Mischung aus „GenZ“ und „Milennials“ – also eher jüngeren Mitarbeitenden. Diese fordern es immer wieder ein – und wir haben erkannt, dass wir es auch untereinander machen sollten. Wir haben wöchentliche Check-ins und unsere Jour Fix Meetings. Wir glauben daran, dass je strukturierter eine Feedback Kultur eingeführt ist, desto weniger Konflikte gibt es am Ende dann überhaupt noch. 

Ist Jobsharing eher etwas für die jüngere Generationen? Sind sie kollaborativer als die „alten“?

Amelia: Es hängt viel mehr vom Wertesystem der Menschen ab, wie gut man so eng zusammenarbeiten kann. Das ist weniger das Alter als mehr die Werte, die darüber entscheiden, ob jemand im Jobsharing arbeiten kann. Offene Kommunikation und der Wille zur Kollaboration setzt ein gewisses Wertekonstrukt voraus. Wer über ein solches verfügt, kann super im Jobsharing arbeiten. 

Was ist New Work?

Wie nehmt Ihr „new work“ wahr? Was bedeutet „neues Arbeiten“ für Euch?

Amelia: Man muss dem Arbeitgeber sagen können dürfen, was man vom Job und seinem Leben will. Ich finde es wichtig, dass man auf beiden Seiten offen sein kann - Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wir bei den Female Founders wollen sicherstellen, dass unsere Kolleg:innen das Gefühl haben, dass sie eine Arbeit haben, die Sinn stiftend ist und eine gewisse „Werte Sustainability“ schaffen. 
Carina: Trotzdem sind wir Output und Performance orientiert. Wir haben hohe Ansprüche an unsere Mitarbeiter:innen. Wir haben klare KPI und OKR, nach denen wir uns richten. 
Aber wenn wir viel von den Leuten fordern, dürfen sie auch von uns fordern. Wir müssen ihnen die Rahmenbedingungen bieten, unter denen sie gut arbeiten können. 
Es ist wichtig, dass die Mitarbeitenden nicht ihr „Job-Face“ aufsetzen müssen, quasi ihr „Job-Ich“. Und wenn sie dann heimgehen, sind sie endlich wieder sie selbst. Der Arbeitsplatz muss es den Menschen ermöglichen sie selbst sein zu können. Dann sind sie auch produktiv. 
Ganz nach dem Motto: Geh als Mensch in die Arbeit, der du bist. 

Vielen Dank, Carina und Amelia für das tolle Gespräch mit Euch!
 

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